"System der Unterdrückung" : Amnesty wirft Israel Apartheid vor

Von Christian Meier, Tel Aviv
Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

-Aktualisiert am 01.02.2022-19:03

Israel unterdrücke Palästinenser, um eine jüdische Vorherrschaft zu sichern, schreibt Amnesty International - das sei Apartheid. Israel spricht von Antisemitismus. Israelische Mauer am Flüchtlingslager Aida in Bethlehem
Bild: Reuters

Israel hat nach Ansicht von Amnesty International (AI) ein System der Unterdrückung und Herrschaft über die Palästinenser geschaffen, das internationalen Definitionen von Apartheid entspricht. Ihre Argumentation legt die Menschenrechtsorganisation in einem ausführlichen Bericht dar, der am Dienstag veröffentlicht worden ist. AI stellt sich damit an die Seite weiterer Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch oder B'Tselem, die diese Einschätzung schon früher vorgenommen haben.

Strategien der Fragmentierung, Absonderung, Kontrolle, Enteignung und Entrechtung dienten einem Zweck, heißt es in dem Bericht: die Vorherrschaft jüdischer Israelis zu sichern. "Dies kommt Apartheid gleich, wie sie in internationalem Recht verboten ist." Amnesty bezieht sich dabei auf Definitionen der Anti-Apartheidkonvention sowie des Internationalen Strafgerichtshofs.

Letztere spricht von Apartheid dann, wenn Menschenrechtsverletzungen im "Kontext eines institutionalisierten Systems systematischer Unterdrückung und Kontrolle durch eine ethnische Gruppe über eine oder mehrere andere ethnische Gruppen begangen werden, um dieses Regime zu erhalten". Im Falle Israels seien die Palästinenser die Leidtragenden, schreibt Amnesty; sowohl jene in den besetzten Gebieten als auch die in Israel und selbst diejenigen, die als Flüchtlinge in anderen Ländern leben. Die Organisation rief den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu auf, Sanktionen gegen einzelne israelische Offizielle sowie ein Waffenembargo gegen das Land zu verhängen.

Die israelische Regierung hatte den Bericht schon vor der Veröffentlichung als "falsch, voreingenommen und antisemitisch" bezeichnet. Jüdische Organisationen, auch in Deutschland, kritisierten die Bewertung ebenfalls als antisemitisch.


Quelle: faz.net